Interview mit Aad Meinderts
Direktor der Stichting Lezen der Niederlande
06.10.2008
Aad Meinderts
Gibt es offizielle Bildungsziele für die Leseförderung in Ihrem Land?
Das Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft hat zu erreichende Ziele und Niveaus für sprachliche und literarische Bildung sowie Lesekompetenzen formuliert, dies betrifft den Primar- als auch den Sekundarschulbereich. Die Ziele, die für die Lesekompetenz in der Grundschule erreicht werden sollen, lauten beispielsweise wie folgt: ‘Schülerinnen und Schüler werden am Lesen und Schreiben von Geschichten, Gedichten und informativen Texten, die für sie geeignet sind, Freude haben.’ Diese Ziele sind aber so allgemein gehalten, dass die niederländische Stiftung Lesen (Stichting Lezen) es für notwendig hielt, eine erweiterte Sicht in Hinblick auf die Möglichkeiten der spezifischen Ansätze zur Förderung von Lesen und literarischer Bildung zu eröffnen. Die niederländische Stiftung Lesen baut ihren Ansatz auf dem Konzept einer “kontinuierlichen Leselaufbahn“ auf: Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 18 Jahren erleben Leseförderung und literarische Bildung auf einer strukturellen Ebene. Ziel ist es, über die Organisation von (Bildungs)aktivitäten zur Freude am Lesen und der Herausbildung literarischer Kompetenzen beizutragen, den Zielen von Leseförderung und literarischer Bildung bei Kindern und Jugendlichen aller Altersstufen.
Ist die Leseförderung hauptsächlich ein Bestandteil des Erstsprachenunterrichts, oder gibt es bei Ihnen spezifischen Unterricht zur Leseförderung?
Die Leseförderung ist in der Hauptsache ein Bestandteil des allgemeinen Unterrichts in der Erstsprache. Kürzlich hat die niederländische Lesestiftung eine Studie zum Stand der Leseförderung in Einrichtungen zur Lehrerausbildung für die Primarstufe (PABOs) durchgeführt sowie in regionalen Lehrerfortbildungszentren (ROCs) . Die Studie hat gezeigt, dass vieles aus dem Pflichtcurriculum, inklusive der Standardleseliste, verschwunden ist. Es wurde darüber hinaus festgestellt, dass Studierende für das Lehramt nicht in der Lage sind, die Qualität von Kinderbüchern zu beurteilen.
Haben Sie Erfahrungen mit der Leseförderung bei Kindern aus einkommensschwachen Familien? Was für Maßnahmen empfehlen Sie?
Es gibt keine strukturellen Projekte, die sich an Kinder aus einkommensschwachen Familien richten. Es existieren jedoch Projekte im Bereich der Unterrichtsmethodik, in denen Kinder aus einkommensschwachen Familien überrepräsentiert sind. Beispielhaft für solche Projekte sind "Boekenpret", "Voorleesvogel" für Kinder im Alter von 0 bis 12 Jahren und "Bazar" für Jugendliche von 12 bis 15 Jahren.
Könnten Sie bitte den Schwerpunkt der Aktivitäten Ihrer Organisation erläutern?
Die niederländische Stiftung Lesen ist das nationale Kompetenzzentrum für Leseförderung und literarische Bildung: es unterstützt Projekte in diesem Bereich finanziell und inhaltlich. Die niederländische Stiftung Lesen strebt eine starke Lesekultur an, getreu dem Motto ‘lesen und lesen lassen’, mit einem starken Fokus auf Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 18 Jahren.
Die kontinuierliche Leselaufbahn bildet den Ausgangspunkt. Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche in jeder Lebensstufe mit der Fülle der existierenden Geschichten und Gedichte in Kontakt kommen, und dass dies kontinuierlich geschieht: zu Hause, in der Kinderbetreuung, in Bildungszusammenhängen und in (außerschulischen) Projekten.
Welche Maßnahmen, die in Ihrem Land von Organisationen zur Förderung der Lesekompetenz durchgeführt werden, halten Sie für besonders effektiv?
Der nationale Vorlesetag ("Nationale Voorleesdagen") und der nationale Vorlesewettbewerb ("Nationale Voorleeswedstrijd") sind sehr erfolgreiche Projekte, was ihre Reichweite angeht. Jedes Jahr nehmen mehr als 85.000 Kinder am nationalen Vorlesewettbewerb teil.
Wirksamkeitsstudien sind sehr schwierig; dies ist einer der Gründe dafür, dass sie nur selten verfügbar sind. Das Projekt "Boekenpret" wurde kürzlich untersucht und evaluiert. Die Studie zeigt, dass Eltern ihre eigene Lesefähigkeit und die ihrer Kinder verbessern, es entwickeln sich Lesegewohnheiten und es fällt Kindern leichter, sich zu konzentrieren. Es wurde auch festgestellt, dass Kinder, die an "Boekenpret" teilnahmen, ihre Lesefähigkeiten schneller weiterentwickelten als Kinder von derselben Schule, die nicht am Projekt teilnahmen.
Eine weitere Wirksamkeitsstudie, die "Bazar"-Fallstudie, untersucht die Effekte des "Bazar"-Projekts zur Leseförderung. Die Studie belegt, dass ein nachweisbarer Effekt auf die Einstellung zum Lesen sogar in der kurzen Zeitspanne eines "Bazar"-Moduls erreicht werden kann.
Interview: Andrea Steinbrecher, Stiftung Lesen
Übersetzung: Dr. Gwendolyn Schulte, DIPF
Das Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft hat zu erreichende Ziele und Niveaus für sprachliche und literarische Bildung sowie Lesekompetenzen formuliert, dies betrifft den Primar- als auch den Sekundarschulbereich. Die Ziele, die für die Lesekompetenz in der Grundschule erreicht werden sollen, lauten beispielsweise wie folgt: ‘Schülerinnen und Schüler werden am Lesen und Schreiben von Geschichten, Gedichten und informativen Texten, die für sie geeignet sind, Freude haben.’ Diese Ziele sind aber so allgemein gehalten, dass die niederländische Stiftung Lesen (Stichting Lezen) es für notwendig hielt, eine erweiterte Sicht in Hinblick auf die Möglichkeiten der spezifischen Ansätze zur Förderung von Lesen und literarischer Bildung zu eröffnen. Die niederländische Stiftung Lesen baut ihren Ansatz auf dem Konzept einer “kontinuierlichen Leselaufbahn“ auf: Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 18 Jahren erleben Leseförderung und literarische Bildung auf einer strukturellen Ebene. Ziel ist es, über die Organisation von (Bildungs)aktivitäten zur Freude am Lesen und der Herausbildung literarischer Kompetenzen beizutragen, den Zielen von Leseförderung und literarischer Bildung bei Kindern und Jugendlichen aller Altersstufen.
Ist die Leseförderung hauptsächlich ein Bestandteil des Erstsprachenunterrichts, oder gibt es bei Ihnen spezifischen Unterricht zur Leseförderung?
Die Leseförderung ist in der Hauptsache ein Bestandteil des allgemeinen Unterrichts in der Erstsprache. Kürzlich hat die niederländische Lesestiftung eine Studie zum Stand der Leseförderung in Einrichtungen zur Lehrerausbildung für die Primarstufe (PABOs) durchgeführt sowie in regionalen Lehrerfortbildungszentren (ROCs) . Die Studie hat gezeigt, dass vieles aus dem Pflichtcurriculum, inklusive der Standardleseliste, verschwunden ist. Es wurde darüber hinaus festgestellt, dass Studierende für das Lehramt nicht in der Lage sind, die Qualität von Kinderbüchern zu beurteilen.
Haben Sie Erfahrungen mit der Leseförderung bei Kindern aus einkommensschwachen Familien? Was für Maßnahmen empfehlen Sie?
Es gibt keine strukturellen Projekte, die sich an Kinder aus einkommensschwachen Familien richten. Es existieren jedoch Projekte im Bereich der Unterrichtsmethodik, in denen Kinder aus einkommensschwachen Familien überrepräsentiert sind. Beispielhaft für solche Projekte sind "Boekenpret", "Voorleesvogel" für Kinder im Alter von 0 bis 12 Jahren und "Bazar" für Jugendliche von 12 bis 15 Jahren.
Könnten Sie bitte den Schwerpunkt der Aktivitäten Ihrer Organisation erläutern?
Die niederländische Stiftung Lesen ist das nationale Kompetenzzentrum für Leseförderung und literarische Bildung: es unterstützt Projekte in diesem Bereich finanziell und inhaltlich. Die niederländische Stiftung Lesen strebt eine starke Lesekultur an, getreu dem Motto ‘lesen und lesen lassen’, mit einem starken Fokus auf Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 18 Jahren.
Die kontinuierliche Leselaufbahn bildet den Ausgangspunkt. Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche in jeder Lebensstufe mit der Fülle der existierenden Geschichten und Gedichte in Kontakt kommen, und dass dies kontinuierlich geschieht: zu Hause, in der Kinderbetreuung, in Bildungszusammenhängen und in (außerschulischen) Projekten.
Welche Maßnahmen, die in Ihrem Land von Organisationen zur Förderung der Lesekompetenz durchgeführt werden, halten Sie für besonders effektiv?
Der nationale Vorlesetag ("Nationale Voorleesdagen") und der nationale Vorlesewettbewerb ("Nationale Voorleeswedstrijd") sind sehr erfolgreiche Projekte, was ihre Reichweite angeht. Jedes Jahr nehmen mehr als 85.000 Kinder am nationalen Vorlesewettbewerb teil.
Wirksamkeitsstudien sind sehr schwierig; dies ist einer der Gründe dafür, dass sie nur selten verfügbar sind. Das Projekt "Boekenpret" wurde kürzlich untersucht und evaluiert. Die Studie zeigt, dass Eltern ihre eigene Lesefähigkeit und die ihrer Kinder verbessern, es entwickeln sich Lesegewohnheiten und es fällt Kindern leichter, sich zu konzentrieren. Es wurde auch festgestellt, dass Kinder, die an "Boekenpret" teilnahmen, ihre Lesefähigkeiten schneller weiterentwickelten als Kinder von derselben Schule, die nicht am Projekt teilnahmen.
Eine weitere Wirksamkeitsstudie, die "Bazar"-Fallstudie, untersucht die Effekte des "Bazar"-Projekts zur Leseförderung. Die Studie belegt, dass ein nachweisbarer Effekt auf die Einstellung zum Lesen sogar in der kurzen Zeitspanne eines "Bazar"-Moduls erreicht werden kann.
Interview: Andrea Steinbrecher, Stiftung Lesen
Übersetzung: Dr. Gwendolyn Schulte, DIPF